Das ist alles ungefähr so erhellend, wie einen Fußballer direkt nach dem Abpfiff zu fragen, woran das Ergebnis denn gelegen habe. Wenn der Anchorman einer der wichtigsten deutschen Nachrichtensendungen seine amerikanische Verwandtschaft besucht und nicht einmal mit seinem republikanisch wählenden Schwiegervater eine inhaltliche Diskussion über den Klimaschutz, die BLM Bewegung o.ä. beginnt, sondern lieber auf der Gefühlsebene der Familie bleibt, ist das näher an einem Unterhaltungsformat denn an faktenbasiertem politischen Journalismus.

Aber vermutlich liegt es auch den Zuschauer:innen, dass sich Formate hierzulande nicht ändern, denn dem linearen Fernsehen wird immer noch eine Wichtigkeit attestiert, die in Zeiten des allgegenwärtigen Internets eher anachronistisch ist. Immer wieder ist bei wichtigen Ereignissen auf Twitter zu sehen, wie Menschen Sondersendungen und Programmunterbrechungen fordern, damit ARD und ZDF direkt das Publikum adressieren, anstatt den Bergdoktor oder eine Quizshow weiterzusenden. Zumeist ohne Erfolg. 

Dabei ist genau dafür das Web bestens geeignet, dort lässt sich auch jenseits eines linearen Programms ein Auftrag erfüllen, der Menschen erreicht. Und wie kann es sein, dass wir seit vier Jahren abends in den TV-Nachrichten Dinge hören wie “schrieb Präsident Trump auf Twitter” und gleichzeitig stagniert die Twitter-Nutzung in Deutschland seit Jahren? Wir haben in den letzten Jahren so viele Startups gesehen (und in einige davon investiert), die in der Lage sind, aus großen Datenmengen Inhalte zu generieren und für Nutzer:innen aufzubereiten, wie z.B. die Datenvisualisierungen von 23 degrees, die “automagisch” geschriebenen Artikel von Narrativa oder die Daten-gestützten interaktiven Dialoge auf Whatsapp und anderen Messengern von Spectrm oder HelloGuide.

Aber natürlich können Sender auch weiter zur Elefantenrunde oder Promis in ein nachgebautes Oval Office einladen und auf einen Erkenntnisgewinn hoffen. Das mit den Fähnchen funktioniert aber schon lange nicht mehr, die interessierten Nutzer:innen sind verwöhnt und erwarten Fakten gut präsentiert, so wie John King es vorgemacht hat.