Gender-Marketing nennt es sich, wenn Unternehmen gezielt Frauen oder Männer ansprechen wollen. "Doch in den Führungsetagen sitzen nach wie vor hauptsächlich Männer", sagt Marketing-Professorin Halfmann. Diese entscheiden dann, wie ein vermeintlich auf die Frau zugeschnittenes Produkt und die Werbekampagne dazu auszusehen haben, kennen deren Bedürfnisse aber oftmals nicht. "Es gibt einen Nachholbedarf auf der Marktforschungsseite", sagt Halfmann.

Als Beispiel nennt sie die Präferenzen bei Autos. Es gebe das Vorurteil, dass Frauen kleine, wendige, bunte Wagen bevorzugten, sagt Halfmann. Eine Studie habe aber gezeigt, dass Geschäftsfrauen, die viel Geld verdienten, ähnliche Vorlieben hätten wie ähnlich gut situierte Männer. "Ausschlaggebend ist also nicht das Geschlecht, sondern die ökonomische Situation und die Lebensumstände", erläutert die Expertin.

Dazu kommt, dass es die Zielgruppe Frau gar nicht gibt, wie die österreichische Wirtschaftstrainerin Ulrike Aichhorn sagt. Sie berät Unternehmen darin, Kundinnen zu gewinnen. "Die Gruppe ist sehr divers. Frauen tanzen parallel auf mehreren Hochzeiten", betont sie. Dort müssten Unternehmen die Frauen abholen statt diese nur in einer ihrer Rollen, also nur als Mutter, Ehefrau oder Berufstätige, anzusprechen.

Das gelingt nach Ansicht von Aichhorn nur, wenn die Unternehmen bei ihrer eigenen Unternehmenskultur ansetzen. "Sonst ist das nicht glaubwürdig. Die Verbraucherinnen merken das nichts dahinter steckt", sagt Aichhorn.

Was das in der Praxis bedeutet, veranschaulicht sie an einem Beispiel: Eine Autowerkstatt schickt einer Kundin eine SMS, wenn sich der Abholtermin für ihren reparierten Wagen um eine halbe Stunde verzögert, sodass diese in der Zwischenzeit noch schnell den Einkauf erledigen oder ein wichtiges Telefonat führen kann. "Frauen erzählen das weiter. Diese Mundpropaganda ist unbezahlbar", sagt Aichhorn.

Eine ganzheitliche Herangehensweise, die die Menschen in den Vordergrund rückt, hat nach Ansicht der Münchner Expertin Lück noch einen weiteren Vorteil: "Die Millennials und die Generation Z ticken weiblicher. Ihnen geht es viel stärker um Work-Life-Balance und Nachhaltigkeit", sagt sie. "Deshalb ist es für Unternehmen wichtig, die weiblichen Denkmuster einzubeziehen."

Irena Güttel, dpa