1. Versicherungen: Noch näher am Kunden 

Wearables als Anreiz für Bonusprogramme und Kundenbindung: Seit dem Aufkommen der Wearables haben Krankenkassen ein Interesse daran, die kleinen Überwachungssysteme unter die Leute zu bringen. Die Techniker Krankenkasse etwa bezuschusste schon 2015 den Kauf einer Apple Watch. Vitality in Südafrika, eine Versicherung der Discovery-Gruppe, kooperiert ebenfalls seit 2015 mit Apple. „In Südafrika ist Vitality zu einem der größten Apple-Watch-Retailer geworden“, sagt Christian Stammel, CEO von Wearable Technologies. Wearables werden hier zu Komplizen im Kundenbindungsprogramm. Sie versprechen Bonusleistungen und animieren so zu einem gesunden Lebensstil. Über Prämien funktioniert das recht gut. Günstigere Tarife für fitte Menschen widersprechen dem Grundgedanken der Versicherungen. Zumindest in Deutschland. In den USA hat der Versicherer John Hancock angekündigt, traditionelle Lebensversicherungen nicht weiter zu verkaufen. Stattdessen gibt es interaktive Policen, die auf den Bewegungsdaten der Versicherten beruhen und Fitnesstracker wie Fitbi oder Apple Watch voraussetzen.

2. Leistungssport

Höher, schneller, weiter: Schon Alltagssportler setzen Fitnesstracker ein, um bessere Leistungen zu erbringen. Im Spitzensport sind die Messungen noch genauer. Aber es ist noch viel mehr möglich. Hochsensible Sensoren wissen schon, wie es dem Sportler geht, bevor der überhaupt bemerkt, dass er an seine Belastungsgrenze kommt. Sie messen den Hautübertragungswiderstand und registrieren frühzeitig, wenn sich eine Überlastung anbahnt. An der Universität von Berkley, Kalifornien, haben es Forscher geschafft, aus dem Schweiß die Werte von Laktat, Glukose, Natrium und Kalium zu messen. Ziel all dieser Messungen ist es, die Leistungen der Sportler zu verbessern, ohne in medizinisch bedenkliche Bereiche zu kommen und den Sportler gesundheitlich zu überlasten. Darüber hinaus wird die Technik eingesetzt, um genauere Daten im Training zu erhalten. Nationalmannschaftsausstatter Adidas versorgt die Trainer mit Daten aus intelligenten Trikots oder einem intelligenten Ball. Auch hier geht es darum, die Leistung zu verbessern und Verletzungen vorzubeugen.

3. Krankenfürsorge

Science-Fiction im OP: Im medizinischen Bereich machen Wearables das Leben von Ärzten und Patienten bereits jetzt wesentlich einfacher. Die Prävention, die Behandlung und die Rehabilitation werden durch diese kleinen Helfer exakter und besser. Besonders hilfreich sind hier intelligente Pflaster, sogenannte Patches, oder Sensoren unter der Haut. „Smart Patches sind absolut auf dem Vormarsch“, sagt Wearable-Experte Stammel. In der Prävention können Wearables dabei helfen, mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren. Die Behandlung von Krankheiten wird durch intelligente Unterstützung effizienter – ein großer Teil der Healthcare-Kosten beruht etwa auf Fehlern, etwa wenn Patienten ihre Pillen zur falschen Zeit oder in der falschen Reihenfolge einnehmen. Der japanische Pharmakonzern Otsuka hat 2018 die erste Pille auf den Markt gebracht, die einen elektrischen Impuls aussendet. Dieser Impuls entsteht, wenn die Pille mit Magensäure in Kontakt kommt. Ein entsprechendes Patch kann diesen Impuls wahrnehmen und sendet ihn an eine App. So kann der Patient und (mit dessen Einverständnis) auch der Arzt nachvollziehen, ob das Medikament richtig eingenommen wurde. Bei sehr teuren Pillen lohnt sich das. Patches unterstützen auch bei der Rehabilitation. Zum Beispiel Patienten, die nach einer OP daheim ihre Übungen machen sollen, um ihr Knie wieder bewegen zu können. Die intelligenten Pflaster messen, ob die Abrollbewegung korrekt ausgeführt wird und der Patient richtig auftritt. Mithilfe kleiner Messgeräte, die an eine Krankenhaus-Cloud angeschlossen sind, dürfen Patienten früher nach Hause, werden aber noch immer von den Ärzten überwacht. „Das spart enorme Kosten für die Gesundheitssysteme, bietet aber noch immer eine große Sicherheit“, erklärt Christian Stammel.

4. Personal Coach

Dashboard des Körpers: Bewegung, Kalorienverbrauch, Schlafqualität: Wearables leiten ihren Unterhaltungswert aus den eigenen Körperfunktionen des Trägers ab. Der digitale Blick in den eigenen Körper ist zu Beginn spannend. Doch nach kurzer Zeit hat man ein Gefühl dafür, wie viel Strecke man zu Fuß zurücklegen muss, um auf eine angemessene Zahl von Schritten zu kommen, oder wie viele Kalorien man bei der Lieblings-Joggingstrecke verbraucht. „Der Unterhaltungswert von Wearables nimmt nach drei Monaten rapide ab, wenn sie nicht mit intelligenten Services vernetzt sind“, sagt Christian Stammel. Er berät mit dem von ihm gegründeten Unternehmen Wearable Technologies Firmen beim Einsatz und der Entwicklung von Wearables. Um länger an den kleinen Geräten Spaß zu haben, müssen also zusätzliche Anreize und Funktionen her. Trainingspläne, Coachings und Communitys pushen die Freizeitsportler. Wearables können darüber hinaus beispielsweise mit einer intelligenten Umgebung verknüpft werden. Wenn Städte etwa Daten zur Feinstaubbelastung per Webservice zur Verfügung stellen, können Asthmatiker von ihrem Gerät gewarnt werden, langsamer zu laufen, sobald bei zu hoher Belastung ein Asthmaanfall droht. Die Kombination mit Daten aus einem smarten Auto, dem PoS oder einem Smarthome bietet reichlich Potenzial. Misst ein Wearable im Laden etwa die emotionale Wirkung eines Produkts auf den Träger, könnte ein vernetzter PoS direkt mit einem Sonderangebot reagieren. 


Franziska Mozart
Autor: Franziska Mozart

Sie arbeitet als freie Journalistin für die W&V. Sie hat hier angefangen im Digital-Ressort, als es so etwas noch gab, weil Digital eigenständig gedacht wurde. Heute, wo irgendwie jedes Thema eine digitale Komponente hat, interessiert sie sich für neue Technologien und wie diese in ein Gesamtkonzept passen.