Apple, Amazon & Co.:
Die größten Fails der Technikgeschichte
Neue Hardware kann die Absätze eines Unternehmens beflügeln - oder als Fail enden. So wie viele angeblich bahnbrechende Produkte der Technik-Historie.
2019 hat sich die Smartphone-Branche selbst gefeiert - und den Release faltbarer Smartphones verkündet. Egal, ob das Samsung Galaxy Fold oder das Huawei Mate X: Keiner weiß, ob sie der Masse wirklich gefallen oder ob die Geräte in den Regalen verstauben. Es wären nicht die ersten angeblich bahnbrechenden Technik-Neuvorstellungen, die sich nach kurzer Zeit als nicht massenkompatibler Irrtum herausstellten.
W&V erinnert an einige der größten Fails der Technikgeschichte.
Apple Newton
Nichts weniger als "eine Revolution" kündigte der damalige Apple-Chef John Sculley an, als er auf der CES in Las Vegas das MessagePad Newton erstmals in einer Demo zeigte. Scully orderte eine Pizza über den Newton, der Apples erstes neues Produkt seit 1984 (Macintosh) war. Und mit dem sich Scully gegen Steve Jobs, der den Mac mit Steve Wozniak erfunden hatte, profilieren wollte. Der mobile Apple Personal Digital Assistent (PDA) sollte im April 1992 ausgeliefert werden. Es dauerte aufgrund interner Spannungen bei Apple über den Formfaktor ein weiteres Jahr, bis es im August 1993 – für 700 Dollar – soweit war. Ein Mitglied des Newton-Teams hatte sich derweil in seiner Wohnung erschossen. Ein weiterer Team-Kollege wanderte in den Knast: Nach einem Zusammenbruch aufgrund der anstrengenden Arbeit hatte er einen Mitbewohner angegriffen. Als der Release stattfand, war Scully schon nicht mehr Apple-CEO. Der eigentliche Fail bestand wohl darin, dass Apple seiner Zeit voraus, die Handschriftenerkennung des Newton allerdings miserabel war. Steve Jobs legte den Newton 1998 dann ad acta. Es dauerte weitere neun Jahre, bis Jobs einen anderen PDA vorstellte: das iPhone, das ein Erfolg wurde.
Nintendo Virtual Boy
Mit Super Mario hat Nintendo einen Kassenschlager gelandet. N64, Super Nintendo oder NES – diese Konsolen begeisterten alle in den 90er Jahren. Und trotzdem verkalkulierten sich die Asiaten einmal richtig: 1995 kamen sie dem heute angesagten Trend VR zuvor - mit einer Virtual-Reality-Brille, die eine Konsole war. Der Nintendo Virtual Boy hatte nur zweifarbige Games und einen extrem rotstichigen Screen, die Brille selbst war wohl in den Labors nicht auf lange Sicht getestet worden. Viele der Käufer klagten bei der "Tauchmaske", wie sie genannt wurde, über heftige Kopfschmerzen. Auch der Spielenachschub war mager. Gerade mal 22 Games waren erhältlich. 250.000 Geräte wollte Nintendo im ersten Schwung verkaufen, es wurden nur 140.000. Auch, weil Nintendo bereits Nintendo 64 angekündigt hatte. Darauf warteten die Kunden lieber. Und mit der SEGA Saturn oder der Sony Playstation gab es schon damals bessere Konkurrenten. Am Ende verkaufte sich der Virtual Boy immerhin 770.000 Mal. Noch heute lässt er sich in einer Neuauflage von Hardcore-Fans auf eBay bestellen, für knapp 200 Euro wird der Import dann direkt aus Japan nach Deutschland geliefert.
Microsoft Zune
Mit dem iPod landete Apple im Bereich der mobilen MP3-Player einen unfassbaren Erfolg: 2001 kam der iPod auf den Markt, allein bis 2005 verkaufte er sich 42 Millionen Mal. Klar, dass Microsoft 2006 mit dem als iPod-Konkurrent angepriesenen Zune-MP3-Player deutlich zu spät kam. Der Zune hatte nichts, was der iPod nicht schon (länger) konnte. Und DRM-geschützte Songs waren nur abspielbar, wenn der User die Lieder vorher im Zune Marketplace erworben hatte. Die Kompatibilität zu anderen Musik-Download-Plattformen fehlte gänzlich. So schaffte es der Zune nicht mal nach Europa, er wurde nur in den USA und Kanada verkauft. Die dritte Generation aus 2009, Zune HD genannt, blieb die letzte. 2011 erklärte Microsoft, der Zune werde nicht mehr weiterentwickelt. Im Oktober 2012 war endgültig Schluss. Zubehör gibt es bis heute auf Amazon und eBay. Windows Phone integrierte als Ersatz einen Musikplayer, doch auch Windows Phone konnte sich nicht gegen Geräte von Apple und Samsung durchsetzen. Der Marktanteil ist heute nicht mehr messbar.
Amazon Fire Phone
Ein Fail der Neuzeit: Mit dem Fire Phone wollte Amazon ab Sommer 2014 gegen das iPhone antreten, das zu diesem Zeitpunkt schon sechs Jahre alt und höchst erfolgreich war. Nach einem Jahr stellte Amazon die Produktion bereits ein. Das clevere Feature – ein Foto-Programm, das Gegenstände erkannte, die sich dann direkt bei Amazon ordern lassen sollten – galt als revolutionär. Doch der Plan, die Umsätze damit in die Höhe zu schrauben, scheiterte kläglich. 649 Dollar, umgerechnet 600 Euro, wollte kaum einer für das optisch auch total unspektakuläre Smartphone zahlen. In Deutschland vertrieb zum Start allein die Telekom das Fire Phone. Kunden anderer Provider wurden ausgesperrt. Erst im Oktober gab es das Fire Phone ohne Vertrag. Es folgte ein Preissturz auf 140 Euro (149 Dollar). Ende August 2015 war Schluss. Nicht mal der Tiefstpreis lockte Käufer an. Auch der Mangel an Apps trug zum Fail bei. Obwohl das Betriebssystem FireOS auf Android basierte, ließen sich keine Apps aus dem Google Play Store, sondern nur aus dem Amazon App Store laden. Die Abteilung "Fire Phone" wurde bei Amazon dann umgeschichtet. Die Mitarbeiter, die nicht entlassen wurden, delegierte der Konzern zum neuen Projekt "Amazon Echo". Das, wie wir heute wissen, deutlich erfolgreicher als das Fire-Phone-Projekt wurde.
MiniDisc
Mini-Disc, Maxi-Flop. Der Sony-Konzern wollte die MiniDisc ab 1991 als Konkurrenz zur CD positionieren. Die Markteinführung des Speichermediums erfolgte ein Jahr später. Ab November war mit dem Sony MZ-1 der erste MiniDisc-Rekorder im Fachhandel erhältlich. Doch eher bei Radiostationen und in Tonstudios, aber weniger im Massenmarkt fand die MiniDisc Beachtung. Am Ende blieb Sony das einzige Unternehmen, das MD-Geräte auf den Markt warf. Nur in Japan sah es nach einem Siegeszug aus. Das reichte für die MiniDisc aber nicht zum Überleben. Im September 2011 stellte Sony die Produktion passender MD-Geräte ein. Der Nachfolger Hi-MD floppte ebenfalls.
3D-Fernseher
Der Fantasy-Film "Avatar" von Titanic-Regisseur James Cameron sollte ab 2009 den Durchbruch für 3D-Fernseher bringen. 3D-TVs galten als der nächste große Hype, doch es mangelte vor allem an Content. Die Auswahl an 3D-Filmen war zu klein. Viele Streifen wurden nachträglich in 3D konvertiert, aber die Bildqualität litt. Hektisch auf den Markt geworfene Blockbuster wie "Star Wars" oder "Der Hobbit" wirkten in 3D unreal. Die benötigten 3D-Brillen waren unbequem, die Farben in den Filmen erschienen matter als je zuvor. Brillenträger blieben quasi außen vor, es sei denn, sie wollten gleich zwei Brillen beim Filmschauen tragen. 2016 verabschiedeten sich die großen TV-Geräteanbieter wie Samsung, Philips und LG von 3D. Sie setzten fortan auf UHD.
Dieser Artikel erschien zuerst bei lead-digital.de (2019)