Tech-Kolumne:
TechTäglich: Deepfake - Ösi-Kanzler beim ESC
Vor dem Mittagessen die wichtigsten Meldungen des Tages – das ist TechTäglich, die Technik-Kolumne von W&V. Heute mit einem musikalischen Sebastian Kurz und mit der Alexa-Kinderküche.
Deepfake: Ösi-Kanzler beim ESC
Der Mann kann einfach alles. Österreichs Jungkanzler Sebastian Kurz, in seiner Heimat als "Wunderwuzzi" (Wunderknabe) wahlweise gefeiert und verspottet, tritt jetzt auch noch beim Eurovision Song Contest an – zumindest in einem neuen Deepfake-Video. Der YouTuber Kurt Fleisch hat Kurz kurzerhand in ein ESC-Video aus dem Jahr 1989 gebeamt. Damals sang Schmalzbarde Thomas Forstner für Österreich "Nur ein Lied" – und wurde mit dem frühen Dieter-Bohlen-Machwerk immerhin Fünfter. Nun singt nicht mehr Forstner, sondern der Kanzler, dessen Gesicht ziemlich überzeugend in den Clip montiert wurde. Das berichtet der Standard aus Wien.
Das Lied und das 80er-Jahre-Outfit mit lila Anzug samt aufwändiger Frisur blieb unverändert. Und eigentlich müsste Sebastian Kurz ja singen: "Nur ein Leader." Aber egal, Österreich lacht über seinen singenden Kanzler. Wobei das Thema Deepfake alles andere als lustig ist. Durch leistungsstarke Programme wie Deep Face Lab und Blender zieht das Phänomen im Internet immer weitere Kreise. Und es ist längst nicht mehr klar, welchem Video und welcher Stimme man noch trauen kann, und welchen nicht. Besonders bösartig sind Porno-Deepfakes, in denen Prominente oder Personen aus dem eigenen Umfeld optisch durchaus glaubwürdig in Schmuddelfilme montiert werden. Auch das Beeinflussen von Wahlen durch Deepfake-Videos von Kandidaten wird immer mehr zur Gefahr.
Podcast-Studio im Supermarkt
Zumindest theoretisch gelten Podcasts als "Jedermann-Medium". Wer Lust und ein interessantes Thema hat, kann seinen eigenen Podcast aufnehmen und über Spotify, iTunes & Co. unters Volk bringen. Vielen Menschen fehlen aber schlichtweg die technischen Möglichkeiten und das Know-how, selbst Podcasts zu produzieren und zu veröffentlichen. Hier springt jetzt der Büro-Supermarkt Staples ein. Das US-Unternehmen richtet zunächst in sechs Filialen im Raum Boston Podcast-Studios ein.
In den schalldichten Kabinen für bis zu vier Personen können die Kunden ihre eigenen Podcasts aufnehmen. Eine einstündige Sitzung kostet 60 Dollar. Staples stellt einen Tontechniker bereit und hilft auf Wunsch mit Spezialisten der Firmen iHeartRadio, Spreaker und We Edit Podcasts bei der Produktion, Verteilung und Vermarktung. Mit seinen neuen "Staples Connect"-Stores folgt der Bürobedarfs-Spezialist dem von Apple mit angestoßenem Trend, Läden in öffentliche Treffpunkte zu verwandeln, in denen die Kunden nicht nur einkaufen, sondern sich auch aufhalten, lernen und kreativ werden.
Google-Bilder nicht mehr männlich oder weiblich
Nutzer von Googles Bilderkennungs-Software "Cloud Vision" können Fotos und Porträts ab sofort nicht mehr als "männlich" oder "weiblich" markieren. Google hat diese Kategorien aus seiner Programmierschnittstelle (API) für Cloud Vision entfernt. Der Schritt soll dazu führen, dass künstliche Intelligenz quasi toleranter wird und verhindern, dass die Software Menschen in eindeutige Schubladen wie "Mann" und "Frau" steckt. Denn in vielen Fällen funktioniert das ohnehin nicht mehr. Bei der Geschlechtszuordnung von Trans-Personen liegt künstliche Intelligenz in aller Regel bei einem Drittel der Menschen falsch.
Entwickler können Cloud Vision dazu verwenden, um den Inhalt von Bildern wie Gesichter, Tiere, Markenlogos oder Gegenstände mittels künstlicher Intelligenz zu erkennen. Entwickler Sriram Sharma hat eine Mail zu der API-Änderung von Google erhalten, die er nun auf Twitter veröffentlicht hat. Darin heißt es: "Da das Geschlecht einer Person nicht von ihrem Aussehen abgeleitet werden kann, haben wir beschlossen, diese Kennzeichnungen zu entfernen, um uns an die Grundsätze der künstlichen Intelligenz bei Google anzupassen, insbesondere an Grundsatz 2: Vermeide es, ungerechtfertigte Vorurteile zu schaffen oder zu verstärken."
Kitchen possible: Kinder-Küche mit Alexa
Kinder lieben es auch heute noch, mit kleinen Kaufmannsläden und Küchen zu spielen. Das US-Unternehmen KidKraft will den Klassiker jetzt in die neue Zeit befördern – mit der ersten Kinder-Küche, die sich per Alexa-Sprachsteuerung bedienen lässt. Das "2-in-1 Alexa Kitchen and Market"- Spieleset feierte gerade auf der Messe "Toy Fair" Premiere und soll zum Weihnachtsgeschäft 2020 für 299 Dollar erscheinen. Amazon-Assistentin Alexa unterhält sich darin mit den Kindern, liefert Rezepte und Einkaufslisten, und versorgt die Kleinen mit Küchen-Tipps. Für Eltern, die sich aus guten Gründen unwohl dabei fühlen, dass Alexa zur neuen besten Spielkameradin ihrer Kinder wird, hat Hersteller KidKraft den Alexa-Zugriff der Mini-Küche beschränkt.
Die Assistentin lässt sich hier nur für Befehle nutzen, die mit der Kinderküche zu tun haben. Alle anderen Funktionen sind gesperrt. Experten zeigen sich dennoch besorgt – nicht zuletzt, weil Kinder, die häufig mit Alexa sprechen, oft einen herrischen Tonfall entwickeln, um die Assistentin zu kommandieren. Kate Kozuch, Autorin der Hardware-Website Tom’s Guide, erinnert sich in ihrem Bericht an die Zeit, als Kinder noch keine Alexa brauchten, um Spaß am Spielen zu haben: "Als ich ein Kind war, hatte ich ein gebrauchtes Küchenset mit kaputten Teilen und abgesplitterter Farbe. Und ich liebte es sehr. Ich benutzte meine Fantasie für Rezepte, und das war alles, was ich brauchte." Ihr Fazit: "Die Alexa-Spielküche ist clever – und ganz schön gruselig."
Die Erde ist flach: "Mad Mike" stirbt bei Raketenabsturz
"Die Erde ist eine Scheibe." Von dieser im Allgemeinen als veraltet geltenden Theorie war der US-Stuntman und Amateur-Astronaut Mike Hughes felsenfest überzeugt. Nun ist der 64-Jährige als Passagier beim Absturz einer selbstgebauten Rakete in der kalifornischen Wüste zwischen Los Angeles und Las Vegas ums Leben gekommen. Der als "Mad Mike" bekannt gewordene Hughes wollte mit seiner neuesten Rakete eine Höhe von 1.500 Metern erreichen, um Beweise für seine "Flat-Earth-Theorie" zu sammeln.
Der US-Sender Science Channel filmte den neuesten und tragischerweise auch letzten Stunt von "Mad Mike" für seine geplante Serie „Homemade Astronauts“ (Eigenbau-Astronauten). Die Rakete mit Passagier Hughes verlor bereits kurz nach dem Start ihren Rettungsfallschirm und prallte dann aus großer Höhe ungebremst auf den Boden. Eines der Videos des Unfalls kommt bei Twitter mittlerweile auf gut drei Millionen Klicks. Vor seinem Tod hatte Mike Hughes gegenüber AP nochmals bekräftigt, dass die Erde "flach wie eine Frisbee" sei, und dass er dies mit einem Weltraumflug einer seiner dampfbetriebenen Raketen beweisen wolle.