Damit kämpft Susan Wojcicki

Dass YouTube-Chefin Wojcicki alle Hände voll zu tun hat, liegt folglich nicht an den Finanzen. Probleme machen vor allem anstößige Inhalte und der Umgang damit. Soziale Medien geraten zunehmend unter Druck, gegen die Verbreitung von Propaganda und Extremismus vorzugehen, YouTube ist hier keine Ausnahme. Alleine schon die schiere Masse an Videos - über 300 Stunden an Material werden pro Minute von Nutzern hochgeladen - macht das Ausmisten zu einer Herkulesaufgabe. Doch kann sich ein Großkonzern mit einem Jahresgewinn von über 34 Milliarden Dollar mit sowas rausreden?

Fest steht: Regelwidrige Clips können sich auf der Plattform durch ständiges Wiederhochladen so rasant verbreiten, dass YouTube trotz ausgeklügelter Algorithmen mit dem Löschen kaum hinterherkommt. Kritiker bezweifeln aber, dass das Unternehmen alles in seiner Macht Stehende tut. In den vergangenen Jahren kam es zu etlichen Skandalen - von Selbstmord-Aufnahmen in den "Trending"-Empfehlungen über Pädophilen-Clips und Sex-Videos im Kinderbereich bis hin zu Videos mit Holocaust-Leugnung und anderer Propaganda. Ex-Mitarbeiter beschuldigten YouTube, die Kontrolle kontroverser Inhalte dem geschäftlichen Nutzen unterzuordnen - also den Werbeerlösen.

So etwas würde das Unternehmen natürlich nie zugeben. Doch gegenüber der New York Times gab Wojcicki durchaus Schwächen im Umgang mit problematischen Uploads zu. "Ich weiß, dass wir es besser machen können, aber wir kommen dahin", sagte die 51-Jährige. "Wir erreichen einen Punkt, an dem wir viele dieser Probleme gelöst haben, und ich habe das Gefühl, dass wir schon deutliche Fortschritte gemacht haben." Das war im April 2019. Seitdem wurde es tatsächlich deutlich ruhiger um die Plattform, auch wenn es weiter viele Kontroversen gibt - etwa um politische Werbung und manipulative Inhalte.

Es wäre allerdings auch unfair, YouTube zum 15-jährigen Jubiläum auf Diskussionen um strittige Videos zu reduzieren. Ein großer Teil der bisherigen Geschichte ist von harmlosen viralen Phänomenen geprägt - die Plattform ist eine schier unerschöpfliche Fundgrube für Clips aller Art, in der sich von Musikvideos über Rezepte bis hin zu historischen Sportübertragen oder Beauty- und Lifestyle-Guides eigentlich alles findet. Das Portal ist eine Art riesiges Archiv, das Nutzer durch sein cleveres Empfehlungssystem bei der Stange hält.

YouTube hat die Unterhaltungsindustrie nachhaltig verändert und sogar Spuren in der Berufswelt hinterlassen - aus Hobby-Entertainern wurden YouTuber, die an Werbeerlösen beteiligt werden und teilweise ordentlich Geld mit ihren Videos verdienen. Einige von ihnen sind Stars, an denen sich Millionen von Fans orientieren. Die Plattform hat maßgeblich dazu beigetragen, der Influencer-Kultur den Weg zu ebnen. Die Kommerzialisierung geht indes weiter: Inzwischen versucht YouTube auch schon, mit selbst produzierten Inhalten und Bezahlabos im von Netflix dominierten Streaming-Markt Fuß zu fassen.

dpa


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Autor: W&V Redaktion

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